Die Journalistin Anke Sparmann hat das Insektensterben in Deutschland recherchiert und einen erschütternden Artikel in der Zeitschrift Geo/März 2017 ab Seite 54 veröffentlicht. Hier eine kurze Zusammenfassung der einzelnen Tatorte des Insektensterbens in Deutschland:
Krefeld
Die Mitglieder des Vereins Krefelder Entomologen erfassen seit 100 Jahren die heimische Insektenwelt. Etwa 50 Standorte haben die Insektenkundler beprobt, von der Feuchtwiese über Kiesgruben und Waldränder. Hierzu werden Insektenfallen aufgestellt, die Proben werden gewogen, analysiert, die Arten bestimmt und sorgfältig präpariert und gelagert, seit Jahrzehnten. Waren 1989 noch 1,4 Kilogramm Insektenmasse in den einzelnen Fallen zu finden, so sind es mittlerweile nur noch 294,4 Gramm. Ein Rückgang von fast 80% in allen Fallen auf allen Beobachtungsgebieten.
Isarauen bei Dingolfing
Ökologen haben hier 2006 58 Wildbienenarten entdeckt, in 2016 sind es nur noch 14 Arten.
Leibziger Auenwald
Im Kronenraum wurden 2002 mehr als 2100 Tiere gezählt, von dutzenden verschiedenen Bienen- und Wespenarten. 2016 fehlen die Hälfte der Arten und zwei Drittel der Individuen.
Goldberg in Baden-Württemberg
Hier wurde ein Schutzgebiet für die Schwarze Mörtelbiene eingerichtet, mit Sperrbezirk, Nistmöglichkeiten und eigens angepflanzten Futterpflanzen. Die Zahl der Nester hat sich trotz aller Unterstützung binnen 10 Jahren halbiert.
Keilberg bei Regensburg
Seit 1766 werden in dem Schutzgebiet Schmetterlinge gezählt. Der Keilberg ist damit eines der ältesten und dauerhaftesten Schmetterlingsbeobachtungsgebiete in Deutschland. In 250 Jahren wurden durchschnittlich 1.500 Arten nachgewiesen. Seit dem Jahr 2000 fehlen über 500 Schmetterlingsarten, alle spurlos verschwunden.
Niederrhein bei Krefeld
Binnen 10 Jahren werden 60% der Hummelarten am Niederrhein vermisst.
Leverkusen
In Leverkusen wurden bei Zählungen Ende der 90iger Jahre 60 verschiedene Schmetterlingsarten nachgewiesen. Heute gibt es in Leverkusen gerade noch 5 Schmetterlingsarten.
Weltweit
Der Weltrat für Biodiversität IPBES hat im März 2016 eine internationale Studie zur Lage der Insekten vorgelegt. Weltweit sind in manchen Regionen 40 % der Fluginsekten vom Aussterben bedroht. Es zeigen sich weltweit die gleichen Ursachen: zunehmender Verlust an natürlichen Lebensräumen, intensive Landwirtschaft, steigender Einsatz von Pestiziden, genveränderte Pflanzen, invasive Arten, Klimawandel und Krankheiten.
Auffällig ist in allen Fällen der zeitliche Zusammenhang des massiven Rückgangs der Populationen innerhalb der letzen 10 Jahre. 2007 stieg der Einsatz neonicotinoidhaltiger Mittel in Deutschland rasant an, von 652 Tonnen in 2006 auf 1656 Tonnen seit 2007. Mittlerweile hat man nachgewiesen, dass sich die Neonicotinoide weit über ihre eigentlichen Einsatzgebiete ausbreiten. Es häufen sich die Hinweise, dass sich die Mittel in die Umwelt jenseits der Einsatzgebiete unkontrolliert und dauerhaft verbreiten. Bei mit Neonicotinoiden gebeizten Saatgut werden nur etwa 5 % des Wirkstoffes von der Kulturpflanze aufgenommen, 95 % gelangen vollkommen unkontrolliert in den Boden. Ein Umweltskandal ungeahnten Ausmaßes.